Mit der von Landgraf Philipp verfügten Reformation im Jahre 1527 fielen die Kartause Eppenberg mit umliegenden Ländereien, auch als Oberhof bezeichnet, sowie den Meierhöfen, Unterhof und Mittelhof an die Landgrafen von Hessen-Kassel.
Landgraf Moritz (1572-1632) ließ die Ländereien des Ober- und des Unterhofs mit denen des Mittelhofs zusammenlegen. Die Gebäude des Unterhofs, auch als Wimmenhausen bezeichnet, wurden abgebrochen. In alten Kartenwerken, wie der Schleenstein´schen Karte von 1710, ist auch oberhalb des Mittelhofs am Helderbach, noch eine Hofstelle verzeichnet. Als Wohnplatz gab es in diesem Areal, etwas später auch noch eine Ziegelhütte, die bis Ende des 19.Jhds. bestand.
Die ehemalige Klosteranlage der Kartause diente bis zu ihrer Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg den Landgrafen bei Jagdaufenthalten als Herberge. In späteren Jahren, bis zur endgültigen Auflassung im Jahre 1957, diente die Anlage hauptsächlich der Schafhaltung.
Landgraf Moritz entwickelte Pläne zur Gestaltung der Gutsanlage Mittelhof und ihrem Ausbau als fürstlicher Sommersitz. Diese Pläne waren Idealentwürfe, die nur zu Teilen später umgesetzt wurden. Moritz sah sich aufgrund falscher politischer Entscheidungen 1627 zur Abdankung gezwungen. In Felsberg erklärte er seinen Verzicht.
Das heute noch existierende Herrenhaus, im Zentrum der Anlage des Mittelhofs, wurde vermutlich noch vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges errichtet. Leider sind bis heute aber keine näheren baugeschichtlichen Untersuchungen publiziert. Dendrochronologische Untersuchungen der Deckenbalken verweisen auf spätere Jahre (1658) in denen Landgraf Wilhelm VI regierte.
Das Amt für Denkmalpflege in Marburg unter Leitung von Frau Thiersch unternahm nur sehr spärliche Untersuchungen durch Visitation der Baulichkeiten. Beschrieben wird das Herrenhaus als eine regionale Besonderheit.
Es ist der einzige erhaltene Renaissance-Neubau eines landgräflichen Landschlosses des Hauses Hessen-Kassel im nordhessischen Raum. In seiner Grundstruktur und Äußerem entspricht es noch weitgehend dem Bestand der Bauzeit im frühen 17. Jh. Die zweiläufige aus Werksandsteinen gearbeitete Freitreppe vor der Südfassade mündet im Rundbogenportal das von toskanischen Sandsteinpilastern flankiert wird. Die von Werksteingewänden eingefassten Fenster sind streng symmetrisch angeordnet.
Das Herrenhaus wird flankiert von zweigeschossigen in Bruchsteinen errichteten Wirtschaftsgebäuden. Später wurden die Wirtschaftsgebäude teilweise durch Ziegelsteinbauten ersetzt und erweitert. Hinter dem Herrenhaus lagen die Pferdeställe mit einem Gewölbekeller und dem um 1830 von Landbaumeister Peter Augener errichteten Schafstall. Zur rechten Seite des Herrenhauses befand sich als Anbau das Kutscherhaus mit den Gesindestuben. In den flankierenden Gebäuden befanden sich Scheunen, Stallungen, Remisen für Kutschen, Schlitten und Wagen. Auch eine Hofschmiede gehörte zur Ausstattung der Gutswirtschaft. Die an der Landstraße gelegenen Arbeiterhäuser, sowie Teile der oben beschriebenen Gebäude, sind heute nicht mehr existent. Das Herrenhaus wird seit vielen Jahrzehnten nicht mehr bewohnt und leidet zusehends unter Verfall.
Im Jahre 1970 wurde ein Antrag zum Abbruch des Herrenhauses gestellt. Die ehemalige Denkmalpflegerin Katharina Thiersch konnte diesen Antrag damals noch erfolgreich abwenden und sogar noch Gelder für den Erhalt des Gebäudes in Form eines neuen Daches erwirken. Seitdem ist außer kleineren Sicherungsmaßnahmen aber nichts mehr geschehen.
Das zuständige hessische Ministerium für Landwirtschaft sieht sich bis heute nicht in der Lage ein Nutzungskonzept zu erstellen, das eine längerfristige Sicherung, dieses historisch bedeutsamen Erbes bewirken könnte. Das Herrenhaus ist heute unbewohnt und steht unter Denkmalschutz.
Heinz Körner, Gensungen, November 2021
Literatur:
Katharina Thiersch: Besichtigung der Domäne Mittelhof und des Herrenhauses am 29.Mai 2005,
in: vhghessen.de/felsberg/aktuelles_mittelhof2005.htm
Jochen Ebert: Domänengüter im Fürstenstaat, Darmstadt /Marburg 2013
Ulrike Hanschke: Zwischen Abriss und Invention, Kassel 2017
Martha Hohmann: „…aus Nichts was mit Liebe…“, Hünfeld 1996
Gisela Heimerich: Stift und Kartause zu Eppenberg, Fulda 1979
Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler (Hessen), München 2008
Johann Georg Schleenstein: Landesaufnahme der Landgrafschaft Hessen-Kassel, 1705-1710